Ich habe mir vor Kurzem die Loop Experience 2 angeschafft, da ich vor allem beruflich immer mal wieder lauten und schrillen Umgebungen ausgesetzt bin: Busfahren mit einer Grundschulklasse ist für mich wirklich eine Herausforderung, mein Nervensystem ist übersteuert, bevor ich überhaupt am Zielort bin. Für mich heißt das, dass ich den restlichen Tag dann meist auch ziemlich ausgelaugt bin und innerlich nur schwer herunterfahren kann – soziale Batterie auf Niedrigstand. Aber das muss nicht sein, wie ich herausgefunden habe.
Alarm im Kopf: Biologie versus Neuzeit
Es gibt einfach Tage oder ganz andere alltägliche Situationen, in denen das Gehör schonmal Alarm ans Gehirn sendet: Laute Lokale, Konzerte, volle Züge, Partys oder laute Nachbarn. Es gibt ja im
Netz zahlreiche Inhalte zum Thema Hochsensibilität. Ich mag den Begriff allerdings nicht besonders, weil er suggeriert, dass man sensibler ist als andere Menschen oder gar „übersensibel“ und dass
dies etwas „von der Norm abweichendes“ darstellt. Ich möchte behaupten: Menschen sind unterschiedlich und die Norm kommt in vielen Varianten.
Aber: Dass das Nervensystem auf schrille Töne, insbesondere Frequenzen über 3.000 Hertz mit Anspannung reagiert (beispielsweise Kindergeschrei oder klirrende Geräusche, Sirenen) ist ein
natürlicher, biologisch sinnvoller Mechanismus, der uns aktiviert und handlungsfähig macht in Gefahrensituationen. Es ist also völlig normal. Sicherlich gibt es solche und solche Menschen. Aber:
Unsere Welt ist laut und reizüberflutend – und es ist kein Zufall, dass viele Menschen darin Schwierigkeiten mit der Anpassung haben und unser Nervenkostüm immer irgendwie eher im oberen Feld der
Anspannung tickert.
Das Herz des Lärms: Die Frequenz
Dass Ohrenstöpsel wie beispielsweise Ohropax Soft super gut abdichten und ich damit klasse schlafen kann, war mir schon lange klar. Die Herausforderung im (Berufs-)Alltag ist jedoch besonders:
Man will zwingend ansprechbar bleiben, gerade wenn man Aufsicht über Minderjährige führt. Es musste also etwas Ausgeklügeltes her – reine Ohrenstöpsel oder billige Partyplugs verwaschen Stimmen
so stark, dass man kaum noch etwas mitbekommt. Ein teures Gimmick vom Akustiker als Spezialanfertigung muss es aber auch nicht sein.
Nach längerer Recherche bin ich auf die Loop Experience 2 gestoßen und war erst wenig überzeugt. Nur 17dB Lärmreduktion – das ist ja gefühlt nichts! Wie soll ich die 1h-Busfahrt zur
Jugendherberge überstehen? Ich habe mich trotzdem dazu entschieden die Loops auszuprobieren, mit Erfolg. Aber sie „wirken“ ganz anders als erwartet. Die Loops bewirken keine nennenswert hohe
Lärmreduktion. Sie können viel mehr: Sie filtern hohe Frequenzen.
In der Hörakustik ist das eine ganz andere Hausnummer als reine Lärmreduktion. Es ist für mich ehrlich gesagt ein absoluter Gamechanger. Bei den Loops ist es so, dass sie Frequenzen über 3.000 Hertz herausfiltern, das heißt konkret: Mit den Loops höre ich schrille Geräusche oder Geschrei immer noch, ich höre auch jedes Wort, das gesprochen wird klar und deutlich. Aber: Alles über 3.000 Hertz dringt nicht mehr durch zu meinem Nervensystem und es gerät dadurch nicht in den alarmierten Modus.
Ein paar Beispiele zur Orientierung:
Die Stimme einer erwachsenen Person liegt ungefähr in einem Frequenzbereich zwischen 80 und 250 Hertz – diese Frequenzen sind für uns im Alltag sehr unkompliziert. Eine schrille Fahrradklingel
findest du dagegen schon unangenehm? Die Frequenz liegt zwischen 2000 und 5000 Hertz, also schon an der Grenze zu unangenehm oder kaum erträglich, wenn das Geräusch länger und anhaltender
bestehen würde.
Nun, was ist mir der Busfahrt mit Kindern? 2000 Hertz – schön wär’s. Die Realität ist: In einer Umgebung mit lauten und kreischenden Kindern liegen die Frequenzen bei etwa 6000 Hertz. Und
nochmal: Es ist völlig normal, dass das Nervensystem bei 6000 Hertz in den alarmierten Modus switched. Die Evolution hat Kindern hier ein ganz wichtiges Tool zum Überleben mitgegeben, deshalb
reagiert das Nervensystem von Erwachsenen so stark darauf.
Mehr Entspannung mit Loop Experience 2
Wenn man die Loops einsetzt, bemerkt man erstmal keinen großen Unterschied, da man ja alles nach wie vor hören kann. Nach ungefähr einer Stunde tragen im normalen Alltag (Musik hören, Filme
gucken, rausgehen, Busfahrt mit Kindern) habe ich sie mal innerhalb der Geräuschkulisse herausgenommen und dann den Effekt deutlich gespürt. Mein erster Gedanke war: Uff, wie scharf, schrill und
schneidend die Welt klingt! Und ja, das Nervensystem gewöhnt sich sehr schnell an den Filter-Effekt und man spürt erst dann, was die Teile alles herausfiltern, wenn man sie dann nach einer Weile
mal absetzt.
Busfahrten mit Kindern sind für mich mit den Loops absolut machbar und ich bin danach nicht ausgelaugt oder innerlich alarmiert. Ich bin ziemlich überzeugt von den Teilen und vielleicht ist ja
hier jemand unter euch, der Ähnliches gebrauchen kann. Über Gehörschutz wird meiner Erfahrung nach nur wenig gesprochen, dabei ist es in vielen Berufen völlig normal, einen Gehörschutz oder
Akustikfilter zu tragen. Wir tragen ja auch Sonnenschutz, Helm und andere Tools, um uns zu wappnen. Das ist ganz normal und kein Zeichen von „ich bin nicht stark genug, ich muss die Zähne
zusammenbeißen“.
Mein Fazit: Mehr Loops für die Welt. Und mehr Loops für Menschen in sozialen Berufen. Gehörschutz – auch in sozialen Berufsumfeldern ist kein mangelnder Respekt oder Nachlässigkeit, es ist
Selbstfürsorge und kluger Selbstschutz, ganz im Sinne von „beat your biology“.
Was ist euer Lieblings-Gehörschutz?
Bildquelle: loopearplugs.com
Queen All (Freitag, 18 Juli 2025 07:27)
Das ist mal ein echt hilfreicher Tipp. Ich bin auch super empfindlich � und hätte mir so manches Mal schon einen anständigen Gehörschutz gewünscht. Hatte aber bisher immer die Befürchtung, dass ich dann eben gar nichts mehr höre. Hab mir die Loops gleich mal auf den Wunschzettel gepackt.
Liebe Grüße!
Gabi (Donnerstag, 17 Juli 2025 21:21)
Eine super Sache, dass du dein Gehör (und deine Nerven) schützt. Kinderstimmen sind oft sehr schrill. Dauerhaft und über Jahre hinweg kann eine so hohe Geräuschkulisse das Gehör wirklich schädigen.
Mein Gehörschutz: Hörgeräte raus. Ich habe eine Innenohrschwerhörigkeit (keine Lärmschwerhörigkeit). 6000 Hertz höre ich erst ab 70db als leises wispern. Tiefe Töne höre ich besser, aber ohne die hohen Frequenzen wird Sprache verwaschen und undeutlich. Insgesamt fehlen mir im Durchschnitt ca. 42db. Staubsauger sind damit deutlich angenehmer, Lärm in der U-Bahn wird erträglicher, wenn ich die Hörtechnik leise stelle oder aus mache. Hier wird das sehr nett dargestellt: https://m.youtube.com/watch?v=E0lfeXmUIEs
Für ein gesundes Gehör sind -17db in anstrengenden Hörsituationen eine Erholung und ohne dass es undeutlich wird. Phantastisch!