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Nur noch Lieblingsstücke

 

Nichts anzuziehen, lieber nochmal einkaufen, anprobieren, aber hier und da sitzt das Teil nicht, überall wird herumgezupft und gerückt und gerichtet – der Kleiderschrank erschlägt das Auge mit seinem inneren Chaos. Wie fühlt sich die Vorstellung an, nur noch Lieblingsstücke zu tragen und täglich in bequemer und passender Kleidung unterwegs zu sein?

Kleidung ist für viele weit mehr als nur eine Körperbedeckung – sie ist ein Mittel zum Ausdruck der eigenen Identität und des persönlichen Stils. Und vor allem soll sie praktisch sein und bequem. Gar nicht so einfach! Wie viele Lieblingskleidungsstücke befinden sich in deinem Kleiderschrank? Und wie viele weitere Kleidungsstücke? Muss es jeden Tag ein anderes Outfit sein und jede Woche etwas Neues?

Mir wurde es irgendwann zu bunt in meinem Kleiderschrank und zwar wortwörtlich – jegliche Farben und Muster waren vertreten, jedes Teil für sich ein Hingucker, aber nichts passte so richtig zusammen und kam so leider nur selten zum Einsatz. Kurzum: Viele tolle Kleidungsstücke, die ich besaß, erblickten nur sehr selten bis gar nicht das Licht der Welt. Einige besiedelten den Kleiderschrank nur für die Eventualität, dass sie mir irgendwann noch einmal passen könnten oder ich doch noch den richtigen Anlass fand, um sie endlich zu tragen.

Fazit: Dieser Anlass kam nicht.

 


Die 80 zu 20 Regel

Die meisten Menschen tragen in 80% ihrer Zeit nur 20% ihrer gesamten Kleidung. Auch ich musste feststellen, dass ich eigentlich Tag für Tag meine Lieblingskleidung trug, die sich auf zwei bis drei Outfits beschränkt. Diese Outfits trug ich immer und durchgehend, natürlich je nach Jahreszeit entsprechend angepasst. Als ich mich dazu entschloss, meine Kleidung zu minimalisieren, nutzte ich die folgende Methode: Ich packte meine gesamte Kleidung in eine Kiste, ausgenommen Unterwäsche und Socken, und holte mir nur die Kleidung heraus, die ich am nächsten Tag tragen wollte. Diese Methode praktizierte ich etwa einen Monat lang. Das Ergebnis kam dem 80 zu 20 Verhältnis sehr nahe. Ich wiederholte die Vorgehensweise mit der Kiste in jeder weiteren, kommenden Jahreszeit. Säckeweise Kleidung durfte zur Kleiderspende gehen und erleichterte meinen Schrank. Am Ende blieben meine Lieblingsstücke, die ich wenn nötig ersetze und gelegentlich um einzelne, passende Teile ergänze.

 


Jeden Tag das gleiche Outfit?

Viele fragen sich, wie man es mit dem Waschen handhabt, wenn man seine tägliche Kleidung aus sehr wenigen Teilen zusammenstellt und entsprechend oft waschen muss. Auch in diesem Punkt habe ich mit der Zeit gelernt, dass Kleidung, die öfter getragen wird und öfter gewaschen wird, weniger lang tragbar bleibt. Aus diesem Grund lege ich heutzutage Wert auf qualitativ höherwertige Textilien und wenn möglich nachhaltig produzierte Kleidung. Und ich wasche weniger. Aus diesem Grund besitze ich nicht mal mehr eine Waschmaschine. Das hat sich einfach so ergeben und da ich alleine lebe funktioniert das für mich wunderbar und macht auch nicht die Arbeit, nach der es zunächst klingt.

Kleidung, die nicht direkt auf der Haut getragen wird, muss für mich nicht täglich oder wöchentlich gewaschen werden – oder würdest du deinen Mantel oder Parka auch einmal die Woche waschen? Viele Teile wasche ich schnell und spontan per Handwäsche, wenn sie dreckig geworden sind oder Farbe abbekommen haben. Regulär wasche ich einmal in der Woche Unterwäsche und Kleidung, die direkt auf der Haut aufliegt. Überwürfe, Röcke und Tücher wasche ich hingegen seltener. Pullover und weite Hosen lassen sich wunderbar auslüften, was auch dem Stoff sehr zu Gute kommt, da er weniger schnell auswäscht. Grundsätzlich kommt es darauf an, wo und für welchen Zweck du deine Kleidung trägst – hiernach ergibt sich auch die Notwendigkeit des Waschens und Wechselns. Du kannst im Selbstexperiment erproben, was für dich funktioniert und sich gut anfühlt.

 


Kombinierbarkeit ermöglicht Einfachheit

Ein wichtiger Aspekt bei der Minimalisierung der Kleidung ist die Kombinierbarkeit. Ein gemusterter Rock auf schwarzen Leggins lässt sich beispielsweise mit jedem weiteren einfarbigen Oberteil kombinieren, wenn die Farben zueinander passen. Das gleiche gilt für Hosen. Eine Jeans passt zu jedem Oberteil – eine Jeans plus fünf verschiedene Oberteile ergibt demnach schon fünf verschiedene Outfits. Auch hier gilt: Ausprobieren und entdecken, was sich gut anfühlt. Soll es ein bestimmter Stil sein? Welche Farben gefallen mir? Welche Muster? Lieber Kleider, Röcke, Leggins, Jeans, Stoffhosen oder etwas anderes?

Auf diese Weise lässt sich nicht nur der Kleiderschrank minimalisieren. Ich habe für mich selbst festgestellt, dass ich auch viel stärker zu meinem aktuellen Kleidungsstil gefunden habe und mich in jedem einzelnen Teil wohlfühle. Dennoch habe auch ich gelegentlich Fehlkäufe. Und das ist vollkommen normal. Manchmal kaufe ich etwas aus einer Laune heraus, was mir dann später gar nicht mehr gefällt oder ich stelle fest, dass es sich nur sehr schlecht mit meiner restlichen Kleidung kombinieren lässt.

Mir hilft es, wenn ich mir aufschreibe, was ich noch benötige. Beispielsweise brauche ich aktuell noch eine lockere, kurzgeschnittene Strickjacke, die schließbar ist. Wenn ich einkaufen gehe, halte ich entsprechend nach einer solchen Jacke Ausschau und kaufe nichts anderes zur Entschädigung meines Belohnungssystems. Auf diese Weise kann ich die meisten Fehlkäufe vermeiden und erwerbe nur das, was ich wirklich benötige.

 


Mehr Zeit und Energie durch weniger Entscheidungen

Ein minimalistisch gestalteter Kleiderschrank erlaubt weniger Entscheidungspflicht. Im besten Fall ist alles mit allem kombinierbar und erfordert deshalb erheblich weniger Nachdenken, Anprobieren, Überlegen, Nachdenken und Entscheiden. Nur noch Lieblingsstücke zu besitzen bedeutet, jeden Tag das tragen zu können, was sich heute gut anfühlt. Der Weg dahin ist nicht von heute auf morgen gemeistert – bei mir hat der ganze Prozess ungefähr drei bis vier Jahre gedauert und er hält noch immer an. Wir alle entwickeln uns beständig weiter und mit uns auch die Kleidung, die wir tragen möchten und die sich stimmig anfühlt.

Weniger Kleidung bedeutet natürlich auch mehr Platz. Einen Kleiderschrank besitze ich seit fast einem Jahr nicht mehr. Ich mag keine hochragenden Möbel und verwende anstatt eines Schranks nun eine schmale und sehr übersichtliche Kommode.

 

Wieviel Kleidung befindet sich in deinem Schrank? In welcher Kleidung fühlst du dich so richtig wohl? Hat Kleidung für dich einen stilistischen Aspekt oder soll sie vor allem praktisch sein? Erzähl mir gerne davon!

 

 

Kommentare: 2
  • #2

    Aura (Sonntag, 03 Mai 2020 18:40)

    Ja, der Wohlfühl-Faktor ist mir auch am aller wichtigsten! Ich kann gar nicht mehr richtig nachvollziehen, warum ich früher in Skinny Jeans etc. unterwegs war - ich fand sie eigentlich immer schon unbequem. Als Kind bin ich gerne in Leggins rumgelaufen und so tu ich es heute wieder... für mich perfekt. Liebe Grüße!

  • #1

    Nine (Sonntag, 03 Mai 2020 17:16)

    Ich habe meine Kleidung schon auf das nötigste reduziert aber es gibt immer noch Teile die ich nie trage, weil alle anderen Sachen einfach bequemer sind. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, diese zu tragen wenn die alten zerschlissen sind. Haha. Ich bevorzuge Kleidung zum Wohlfühlen und gar nicht groß zum darstellen.
    LG