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Ankommen

 

Umzüge sind Umbrüche, sind Zäsur. Ein Umzug markiert nicht selten einen neuen Abschnitt und auch, wenn nicht viel zu transportieren ist, so ist es dennoch Stress, sein altes Zuhause zu verlassen. Auch wenig Dinge wollen bewegt, transportiert und neu platziert werden. Von der Klangschale bis zum Sitzkissen war alles dabei.

Wieder einmal habe ich erfahren: Besitz verpflichtet, bindet, macht Arbeit. Aber in einer vollkommen leeren Wohnung sitzen ist auch nicht die Lösung, also Treppen rauf, runter, rauf, runter. Der Transport allein dauerte mit Hilfe eines Freundes und dessen Auto knapp zwei Stunden. Jetzt heißt es: Ankommen.

Ankommen ist ein Prozess, der seine Zeit braucht. Bei mir im Schnitt etwa sechs bis zehn Monate oder sogar länger. Bis ich mich richtig zuhause fühle, muss Zeit vergehen. Die Umgebung will erkundet werden, das neue Wohnumfeld, die Nachbarn, Weg- und Straßennetze wollen sich einprägen, geeignete Fahrradstrecken müssen neu ausgekundschaftet werden.

So unzufrieden ich anfangs mit meiner vorherigen Wohnung war, da ich sie notgedrungen nehmen musste, so sehr gibt es auch ein weinendes Auge, das diese Wohnung schätzt und ein wenig vermisst. Umziehen ist beides: Neu anfangen und herausgerissen sein aus dem, was vertraut ist.

 

Aktuell fühle ich mich noch wie in einem fremden Hotelzimmer, das wundersamerweise mit meinen eigenen Möbeln und Dingen ausgestattet wurde. Die 34qm fühlen sich unglaublich groß an und die glatten, weißen Wände sind wie leere Buchseiten, die neu beschrieben werden wollen.

 

 

Momente des Ankommens geschehen im Stillen sowie im Turbulenten. Es sind Momente des Innehaltens, des bei-sich-selbst-Seins, des Dankbarseins, des Feierns. Ich habe das Gefühl, dass ein großer Teil des persönlichen Lebensglücks davon abhängt, wie angekommen man sich fühlt oder eben nicht fühlt. Sich angekommen und zuhause fühlen ist entscheidend. Manche Menschen können sich überall zuhause fühlen - was brauchst du, um dich zuhause zu fühlen?

Fühlst du dich angekommen in deinem Leben?
Oder ziehst du rastlos umher?

 

 

Kommentare: 12
  • #12

    Aura (Montag, 04 Januar 2021 20:22)

    Hallo Thorsten,

    13 mal ist viel, aber vielleicht bin ich auch der Typ Mensch, der öfter umzieht. Es hat auch immer etwas Aufregendes an sich, was Freude macht. Von meinem sozialen Netz hängt mein Wohnort interessanterweise gar nicht ab. Mein soziales Netz ist im Grunde in Deutschland verstreut. Ich gehe eher danach, wo ich arbeite, damit ich kurze Wege habe und kein Auto benötige. Ansonsten würde ich wohl rein nach Ort gehen und dann definitiv an der See landen. ;-)

  • #11

    Thorsten (Samstag, 02 Januar 2021 22:04)

    Hallo Aura, ich bin schon 13 mal umgezogen. Jedes Mal der Trennungsschmerz, selten auch nicht , wenn man irgendwo nicht freiwillig wohnte. Zu Hause ist da wo das soziale Netz ist. Orte, die früher so toll waren sind ohne die Menschen von früher abgeblättert.

  • #10

    Aura (Dienstag, 24 November 2020 07:08)

    Hallo Philipp,

    es freut mich, dass du hier vorbeischaust! Dein Kompliment kann ich nur zurückgeben - ich finde dein Nomaden-Leben sehr interessant und schaue auch regelmäßig bei dir vorbei. Dass du das Leben als Reise betrachtest finde ich passend, denn genauso nehme ich es auch wahr.

    Was du in Bezug zur Beziehung mit sich selbst sagst, finde ich sehr wichtig. Da möchte ich auch einmal hinkommen, dass ich mit mir selbst so in Frieden bin. Sehr inspirierend. Ruhe und ein Refugium sind mir auch sehr wichtig. Ich glaube, dass es deshalb auch schon immer so war, dass ich ein wenig "andere" Vorstellungen vom Leben hatte und habe, als "die meisten".

    Das hektische, "normale" Leben trägt mir nicht immer zu.

    Liebe Grüße an dich!

  • #9

    Philipp (Montag, 23 November 2020 22:26)

    Hallo Aura,

    erstmal ein Lob zu diesem Blog. Ich bin über Gabi auf dich gestoßen und finde ihn äußerst ansprechend!

    Als nomadisch veranlagter Mensch fällt es mir vergleichsweise leicht, mich in neue Umgebungen einzugewöhnen. Als rastlos umherziehend habe ich mich dabei nie empfunden. Gleichzeitig aber auch nie angekommen, weil ich das Leben als große Reise betrachte und hoffe, nie an dem Punkt zu gelangen, an welchem ich mich als gesetzt bezeichnen würde.

    Interessant finde ich, wie unterschiedlich wir Menschen in dieser Hinsicht funktionieren. Um mich zu Hause zu fühlen benötige ich allem voran ein soziales Netz. Das muss auch gar nicht immer dasselbe sein. Manchmal genügt auch die Beziehung zu mir selbst. Gelegentlich dürste ich sogar nach etwas mehr Isolation und Ruhe.

    Lieber Gruß aus Berlin
    Philipp

  • #8

    Aura (Sonntag, 22 November 2020 10:50)

    Oh ja die Übung klingt gut, die werde ich ausprobieren! Ich schaue auch gerne den YouTube Kanal von Liebscher und Bracht. Die zeigen auch immer viele Übungen, die man in den Alltag integrieren kann. Auch zu anderen Themen wie Rücken, Nacken, Bruxismus etc. Sehr empfehlenswert!

  • #7

    Anja (Sonntag, 22 November 2020 10:02)

    Liebe Aura,
    ich habe leider öfters Probleme mit meinen Knien :-( Mir hat hier der Tipp einer Freundin schon oft weitergeholfen (sie ist Physiotherapeutin): auf einen Tisch setzen und leicht mit den Beinen schaukeln. Das soll eine Entlastung für die Kniegelenke sein, da durch das Gewicht der Unterschenkel das Gelenk auseinandergezogen wird.
    Ich wünsche Dir gute Besserung.
    Herzliche Grüße Anja

  • #6

    Aura (Samstag, 21 November 2020 22:47)

    Hallo Anja!

    An totgerittenen Pferden festhalten... ja das Bild ist sehr passend. Ich finde auch, dass Veränderungen ihre "Trauerzeiten" brauchen. Das gehört dazu. Menschen sind zwar sowohl Nomaden als auch Sesshafte, jedoch stets soziale Wesen, die Bezüge bilden. Von daher nimm auch du dir deine Zeit, trauere ab, was abtrauern will.

    Deine Zitate zur Eile passen sehr gut. Ich hatte plötzlich erstmals in meinem Leben Knieprobleme. Hatte schon alles von Fuß bis Kopf außer die Knie. Und was soll ich sagen: Das Knie ist scheinbar der einzige Gelenkschmerz, der mich zum Langsamgehen zwingt. Selbst ein umgeknickter Fuß hielt mich damals nicht von meinem "strammen Schritt" ab. Das Knie jedoch schon. Ich kann nicht mehr eilen, nicht mehr hetzen. Das ist eine erstaunliche Botschaft, die ich gerne annehme. Und jetzte geht es dem Knie auch schon wieder besser.

    Deine Themenvorschläge nehme ich mit in meine Liste auf, danke dafür! :-)

  • #5

    Aura (Samstag, 21 November 2020 22:42)

    Hallo Gabi!

    Das Hin- und Herräumen ist wirklich sehr einfach mit wenigen Dingen. Ich habe dadurch auch gemerkt, wieviel es bewirken kann, ob ein Bild hier oder dort hängt. Das macht viel mit der Raumwirkung. Durch die reduzierte Einrichtung kommen Linien noch klarer zur Geltung.

  • #4

    Anja (Samstag, 21 November 2020 15:14)

    Liebe Aura,
    früher war ich Meisterin des Wandels. Es fiel mir leicht neue Lebensbereiche, Arbeitsstellen, Wohnorte, selbst Freunde zu erobern. Vielleicht brauchte ich diese Qualität, um meine emotional doch schwierige Kindheit und Jugend auszuhalten oder zu kompensieren. Immer im Wandel, leichtfüßig unterwegs, mich nie ganz einlassend, und wenn ich ein Ende geahnt habe, schnell weitergezogen. Aber auch nie sicher und angekommen.
    Heute stelle ich fest ( und bin selbst immer wieder über mich erstaunt), dass ich mir unglaublich schwer tue Vertrautes hinter mir zulassen und halte teilweise krampfhaft an „totgerittenen Pferden“ fest.
    Ich merke, dass ich mich besonders verloren fühle, wenn mit dem Ort auch meine Bezugspersonen nicht da sind oder sich verändern. Aber ohne Wandel kein Leben. Wissen wir ja alle.
    Gerade hat meine jüngste Tochter das Haus verlassen, um zu studieren und ich kämpfe damit, mich, meine Rolle und mein Leben wieder anders auszurichten. Aber ich bin Deiner Meinung: man darf hier nichts beschleunigen, jeder Schritt muss gegangen werden, sonst ist ein Ankommen letztlich nicht möglich. Und wir hatten es ja auch schon mal: das Ziel ist ja der Weg. Das ist ja bereits das Leben. Wohin wollten wir uns hinbeeilen?
    Wie hat Victor Hugo so schön formuliert: Eile ist ein menschlicher Irrtum!“ Und weiter: „wer vertraut, wird nichts beschleunigen wollen“.
    Ich bewundere, dass Du Dir dessen so bewusst bist und einfach die Zeit Dir nimmst, in Dein neues Lebensumfeld hineinzuwachsen und es zu beleben und einzurichten.

    Als Themenvorschläge finde ich immer interessant die Einfachheit, den Mut zu vereinfachen, das Loslassen (wovon alles? > irgendwann vom Leben selbst), den Widerstand hinsichtlich „schneller, höher, weiter und der tückischen Selbstoptimierung!
    Herzliche Grüße Anja

  • #3

    Gabi (Samstag, 21 November 2020 13:33)

    Ankommen im neuen Zuhause dauert, bei mir fat 2 Jahre. Jede Wohnung hat so ihre Besonderheiten. Nicht nur die Größe, sondern auch Lichteinfall, Geräusche, der Ausblick. Minimalismus hat den Vorteil, dass man gerade am Anfang noch leichter hin- und herräumen, also ein wenig ausprobieren kann: Wo sitze, schlafe ich am besten, etc. Das ist ein angenehmer minimalistischer Nebeneffekt.

  • #2

    Aura (Donnerstag, 19 November 2020 17:04)

    Liebe Vali,
    ja wird es definitiv. Allein schon zu Dokumentationszwecken. Allerdings werde ich mir damit ein wenig Zeit lassen, da noch nicht alles fertig ist in der Wohnung und es immer ein wenig braucht, bis alles seinen endgültigen Platz gefunden hat. :-)

    Wenn du magst, kannst du gerne ein paar Vorschläge für Artikelthemen machen. Einige Themen sind zwar schon in der Startbahn, aber mich interessiert ja auch, was meine LeserInnen lesen wollen. Ich habe auch Lust auf neue Experimente a la "Leben ohne..." oder Ähnliches. Also bei Ideen immer gerne her damit.

    Lieben Gruß!

  • #1

    Vali (Donnerstag, 19 November 2020 16:54)

    Ach schön! Wird es auch wieder eine Wohnungstour geben? :)