Nun.
Seit gestern bin ich also für meine Verhältnisse „OOTG“ – out of the game. Für die, die sich jetzt fragen, worum es geht: Der Name des Übeltäters lautet Instagram. Ich hätte nie gedacht, dass ein
„einfaches Netzwerk“ mal so ein großes Thema für mich werden könnte, zumal ich eher nicht der Typ bin, der auf jeder sozialen Plattform mitmischen will.
Über einen Ausstieg aus den sozialen Medien habe ich allerdings schon öfter nachgedacht. Aus genannten Gründen: zu
oberflächlich, zu unbefriedigend, zu triggernd – zu viel Doppelmoral. Kurz gesagt: Nicht hilfreich für mich.
Instagram und ich – das ist wie eine toxische Beziehung, die wie ein langsam wirkendes Gift immer mehr in die Kapillaren meines Nervensystems vorgedrungen ist und sich dort eingenistet hat wie
ein Virus in seinem Wirt. Gestern habe ich diese Beziehung beendet und es war ein friedliches „Schlussmachen“, wenn man so sagen will.
Mit Instagram begann mein Tag, mit Instagram endete mein Tag. Bis zu zwei Stunden täglich habe ich wie ferngesteuert auf dieser Plattform verbracht. Nicht aber, um selbst fröhlich vor mich
hinzuposten, sondern um immer wieder dieselben – bereits deabonnierten Profile – aufzusuchen. Warum ich das gemacht habe? Keine Ahnung.
Meine Vermutung: Selbstsabotage.
Der Algorithmus von Instagram verschluckt im Grunde alles, was nicht ins glitzernde, glatte Erscheinungsbild des Hollywood 2.0 passt. Die meisten Follower haben die Personen, die regelmäßig
gebleachte und gephotoshoppte Selfies von sich selbst präsentieren. Die Selbstvermarktung steht im Vordergrund. Sinnvollen und nachhaltigen Content zu kreieren funktioniert zwar, Reichweite damit
zu generieren ist allerdings schwierig bis unmöglich.
Und so verabreichte ich mir meine tägliche Dosis Gehirnwäsche: Eine Portion Neuigkeiten bitte, dazu noch einen Batzen Schönheitsideale mit einer Prise Doppelmoral – danke vielmals und das
Belohnungssystem schreit euphorisch auf, alles blinkt, glitzert und erfüllt das perfekte Schema F – welch ein Wunderland!
Ich bin selbst erschrocken darüber, welchen immensen Einfluss mediengesteuerte Schönheitsideale auf mich haben. Den Druck spüre ich im Grunde schon seitdem ich denken kann: schlank sein, makellos
sein, erfolgreich sein – perfekt sein eben. In diese Kerbe hat sich der Netzwerk Riese per „lock and lock“-Prinzip wunderbar einnisten können – wen wundert es? Es verbraucht ungeheuer viel
Energie, jeden Tag die unausgesprochenen Zurufe der „Insta-Girls“ und „“Fitness-Inspos“ abzuschirmen, die mir per subliminaler Botschaft vorwerfen: „Du bist nicht gut genug - nicht schön, nicht
schlank, nicht erfolgreich genug.“
Dazu muss ich betonen, dass es lange nicht jeder Person so ergeht, die Instagram und Co nutzt. Es kommt eben auf die eigene, persönliche Disposition an und darauf, wie gut man sein
Nutzungsverhalten steuern und sich von unpassenden Inhalten abgrenzen kann. Mir gelingt das nicht sehr gut und deshalb ist der Ausstieg für mich aktuell die beste Lösung.
Leb‘ wohl Instagram, Scheinwelt der Reichen, Schönen und Erfolgreichen! Ich bau‘ mir lieber mein eigenes Wunderland!
Wie ergeht es dir in sozialen Netzwerken?
Gelingt dir die Abgrenzung und Auswahl der Inhalte?
Spürst du Druck aufgrund mediengesteuerter Ideale oder ist das für dich kein Thema?
Aura (Freitag, 24 Juli 2020 17:27)
Finde ich eine gute Idee! Wenn man verreist ist oder ein Wochenende unterwegs, ist man ja auch oft nicht erreichbar oder wesentlich weniger. Das kann man seinem Umfeld auch so mitteilen, finde ich. Für Notfälle kann man anrufen oder eine SMS schicken, E-Mail gibts auch noch und wie gesagt:
Das Geschreibe auf den Messengern ist natürlich Luxus, vor allem wenn man sich nicht mal eben treffen kann, ansonsten reicht eigentlich eine kurze SMS. Wenn es schwer fällt, kann man auch mit einem Handy und internetfreiem Tag in der Woche beginnen oder sich für ein paar Tage rausnehmen.
Wenn man sich rausnimmt und das kommuniziert kann es auch sein, dass einige Unverständnis zeigen oder sogar verärgert sind - dein Ausstieg und Grenzensetzen konfrontiert sie logischerweise mit ihrem eigenen Nutzungsverhalten. Von daher locker nehmen, einfach mal Abstand suchen, die meisten werden Verständnis haben, weil es im Grunde vielen ähnlich geht.
Nina (Freitag, 24 Juli 2020 17:16)
Hey Aura,
vielleicht kann man auch mal eine Art Challenge daraus machen und einen Monat auf WhatsApp verzichten und eine Pause machen. Ich würde es gerne mal ausprobieren, mir juckt es in den Fingern. Aber wie du schon geschrieben hast: es fühlt sich wie ein Ausschluss an
Aura (Freitag, 24 Juli 2020 17:05)
Hallo Nina!
Ich verstehe absolut was du meinst. Der "Drang" mitzumachen, auf dem neusten Stand zu sein ist bei vielen NutzerInnen sehr hoch - das kenne ich auch von mir. WhatsApp ist da auch ein sehr gutes Beispiel. Das ist die "soziale Herde" aus der wir nicht ausgeschlossen sein möchten.
Ich habe Personen in meinem nahen Umfeld, die ohne WhatsApp und Co leben und immer wieder freundlich darauf hinweisen, dass es auch so etwas wie Anruffunktion und SMS gibt - ganz ohne App sozusagen! Da wird dann immer gelacht und geschmunzelt, aber es ist ja Fakt. Zwei der Bekannten haben nichtmal ein Smartphone. Es geht also definitiv, verpassen tut man nichts, es fühlt sich aber leider so an und das macht es so schwer.
Ich bin überzeugt davon, dass man sich davon lösen kann, es braucht allerdings Zeit und auch ein wenig Arbeit an sich selbst. Mal sehen, wie sich das bei mir noch entwickelt und wohin der Trend sich noch bewegen wird.
Nina (Freitag, 24 Juli 2020 16:53)
Mir gehts ähnlich. Instagram empfinde ich teilweise als ziemlich belastend. Trotzdem entsteht oft der "Drang" in die App reinzuschauen, um zu gucken was die Lieblingsprofile so posten. Früher war es mir egal ob der Feed einheitlich ist, heute mache ich mir da viel mehr Gedanken drüber. Genau so geht es mir mit WhatsApp (deinen Beitrag dazu hatte ich schon gelesen). Ich finde diese ganzen Social Media Apps belastend. Aber man kommt nicht davon los. Leider ist ein Leben ohne WhatsApp nicht umsetzbar, da ziehen Bekannte und co nicht mit und man fühlt sich ggf. ausgeschlossen.